zur frage der bedeutung kleinster details in literarischen texten, vor der wir beim lesen von "franny & zooey" immer wieder stehen, zwei zitate aus achim frieds porträt der preisgekrönten übersetzerin und journalistin dr. michaela prinzinger:
"wahrscheinlich hätte sie sich auch nie für kriminalromane interessiert. obwohl schon in den >mythen, metaphern, metamorphosen< ( ihrer doktorarbeit über griechische gegenwartsautorinnen, 1995 – der zitator ) ein besonderes talent der österreicherin sichtbar wurde: das talent der logischen kombination. ähnlich wie die herren mit den karierten schirmmützen im nebligen london oder paris verstand es die zarte burgenländerin, auf der suche nach der wirklichkeit zwischen den am weitesten entfernten punkten waghalsige verbindungen zu konstruieren, unwahrscheinlichkeiten für wahrscheinlich zu erklären und ein völllig neues bild der gegebenheiten zu schaffen. auch nach über zwanzig jahren literarsicher forschung verteidigt sie die these, daß gute texte auf vielerlei art zu lesen und zu verstehen seien, daß man einen text nicht auf eine aussage reduzieren dürfe. manchmal erweckt sie den eindruck, als bereite es ihr ein heimliches vergnügen, die auf logik eingeschworeen theoretiker zu verwirren. als führe sie ihre leser und zuhörer gern absichtlich in die irre. eine technik, die auch autoren von kriminalromanen gerne anwenden."
"am weitesten ins reich der phantasie trieb es sie in einer ausgabe der kreuzberger chronik, die es mit der wahrheit und der historie nicht so ernst nahm: die kreuzbergr chronik vom september 2003. und noch immer, fünf jahre nach ihrem artikel über die templer, melden sich begeisterte leser, dies jedes wort als die reine wahrheit verstanden haben, und die all jene kleinen augenzwinkernden hinweise zum besseren verständnis überlesen haben. michaela prinzinger hatte deshalb nie ein schlechtes gewissen. sie hat es schließlich schon immer gesagt: 'es gibt so viele möglichkeiten, einen text zu verstehen.'"
schon alleine aus dieser – plausiblen – sichtweise folgt für meinen geschmack, daß nicht jedes detail eine zielführend fest gelegte bedeutung haben kann. im gegenteil: es kommt dem atmosphärisch vagen, nicht fest zu machenden unbestimmten auf diese weise geradezu ein integrale funktion für den guten text insgesamt zu. und damit selbstverständlich auch dem kleinsten detail
das porträt michaela prinzinger aus der kreuzberger chronik # 98, juni 2008, dem die zitate entnommen sind, sollte inzwischen @
http://www.kreuzberger-chronik.de/chroniken/2008/juni
stehen, tut das aber noch nicht / "die tempelherrenstraße", kreuzberger chronik # 50, sept 2003, steht @
http://www.kreuzberger-chronik.de/chroniken/2003/september/strasse.html
christian b - 3. Jun, 16:01