Das schreckliche Warnsignal ertönte, die Türen schlossen sich. Ich hatte die übliche Phantasie, dass jemand in der Tür steckenbleibt und schreiend bis zur nächsten Station festhängt. Der Wagen, in dem ich saß, war einer der neueren: ultralang, die Plätze einander gegenüberliegend.
Ich hielt meinen Blick auf meine Zeitung gerichtet, um nicht entdecken zu müssen, dass Willi vielleicht auch eingestiegen sein könnte; natürlich dachte ich an Brechts Keunergeschichte. Wieso hatte ich mich kaum verändert; wieso war ich nicht annähernd so alt wie Willi, oder kam ich mir nur so vor. Aber Darmstadt, Darmstadt? Dort hatte ich nie studiert, schon aus ästhetischerm Feingefühl. Wie konnte man sich auch nur einen Tag in einem Ort aufhalten, der
ein eher unappetitliches inneres Organ im Namen führte. Ich war in Eichstätt gewesen, katholische Theologie, vierzehn Semester, dieselbe Anzahl wie die Nothelfer, und wie einer von ihnen hieß ich ja auch: Dionysius, kurz und bayrisch Dionys. Aber Willi, profaner Name! Ich habe nie einen Willi gekannt.
Bredschneitt (Gast) - 26. Feb, 19:54
Ein kalter Hauch erreichte mich, die Zeitung begann zu flattern. Ich fröstelte, hob widerwillig den Blick. Gegenüber hatte eine von drei jungen Kopftuchtürkinnen das Fenster geöffnet. Ich räusperte mich: "Bitte schliessen Sie das Fenster wieder. Es ist kalt." Alle drei musterten mich befremdlich. "Es stinkt", sagte schliesslich eine und ihrem Gesichtsausdruck nach war ich es, der stank. "Es ist kalt", wiederholte ich streitbereit mit fester Stimme und drohendem Blick. Lässig knallte sie das Fenster wieder zu.
Mit dem Verstecken hinter der Zeitung war es vorbei, Willi hatte am anderen Ende der Bank gesessen, hatte alles gehört und rutschte nun auf mich zu.
Heute auf
Ich hielt meinen Blick auf meine Zeitung gerichtet, um nicht entdecken zu müssen, dass Willi vielleicht auch eingestiegen sein könnte; natürlich dachte ich an Brechts Keunergeschichte. Wieso hatte ich mich kaum verändert; wieso war ich nicht annähernd so alt wie Willi, oder kam ich mir nur so vor. Aber Darmstadt, Darmstadt? Dort hatte ich nie studiert, schon aus ästhetischerm Feingefühl. Wie konnte man sich auch nur einen Tag in einem Ort aufhalten, der
ein eher unappetitliches inneres Organ im Namen führte. Ich war in Eichstätt gewesen, katholische Theologie, vierzehn Semester, dieselbe Anzahl wie die Nothelfer, und wie einer von ihnen hieß ich ja auch: Dionysius, kurz und bayrisch Dionys. Aber Willi, profaner Name! Ich habe nie einen Willi gekannt.
Mit dem Verstecken hinter der Zeitung war es vorbei, Willi hatte am anderen Ende der Bank gesessen, hatte alles gehört und rutschte nun auf mich zu.